Biodiversität und die Energiewende gehören zusammen

Stella Jegher,

Pro Natura plädiert für griffige Massnahmen.

Der Natur in der Schweiz geht es schlecht. Mehr Tier- und Pflanzenarten denn je sind vom Aussterben bedroht, ihre Lebensräume durch menschliche Eingriffe stark verändert oder gar zerstört. Über 90 % der ehemaligen Moorflächen sind verschwunden, und mit ihnen ihre Kapazität zur CO2-Speicherung. Viele dieser Veränderungen sind bereits irreversibel. Mit dem Verlust der biologischen Vielfalt schwinden auch die Leistungen, die die Natur für uns alle erbringt: Regulierung des Klimas, sauberes Wasser und saubere Luft, gesunde Ernährung, Raum für Erholung und Besinnung.

Die Biodiversitätskrise ist genauso eine Realität und eine existenzielle Bedrohung wie die Klimakrise. Beide verstärken sich gegenseitig. Wir brauchen darum nicht nur eine Energiewende, sondern auch eine Biodiversitätswende. Wer allerdings Moore, Auenlandschaften oder seltene Brutvögel im konkreten Fall wichtiger findet als einen neuen Stausee oder einen Windpark, hat einen schweren Stand. Der scheinbare Sachzwang der drohenden «Stromlücke» genügt vielen als Argument, um den Schutz der Natur noch weiter abzubauen. Selbst den wertvollsten Lebensräumen unseres Landes möchten manche Kreise an den Kragen. Denn es darf nicht sein, dass der Strom für Mobilität, Heizungen oder IT-Geräte jemals ausfällt. Was dabei gerne vergessen wird: Wenn die Natur um uns herum kollabiert, wird uns auch die Flucht ins digitale Metaversum nicht mehr weiterhelfen. Egal, ob dieses mit erneuerbarem Strom betrieben wird oder nicht.

Die zentrale Ursache der Biodiversitäts- und der Klimakrise blenden wir dagegen beharrlich aus: Unser Ressourcenverbrauch beträgt schon längst mehr als das Dreifache dessen, was die planetaren Grenzen erlauben würden. Wir können noch so viel Natur, Lebensräume und Landschaften für technische Lösungen opfern – es wird nie reichen, um den weiter steigenden Energiehunger unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zu decken. Der Ausstieg aus den Fossilen, in allererster Linie via Ausbau der Photovoltaik auf bereits bebauten Flächen, ist von zentraler Bedeutung für die Biodiversität und fürs Klima. Mindestens so wichtig für beides sind griffige Massnahmen, um unseren Ressourcenverbrauch in planeten- und damit zukunftsverträgliche Bahnen zu lenken.

Stella Jegher

Stella Jegher

Leiterin Politik und Internationales
Pro Natura

www.pronatura.ch



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