Älter werden mit Ewiggestrigen

Nadine Masshardt,

Kommentar von SES-Stiftungsratspräsidentin Nadine Masshardt zum aufkommenden Druck auf den Atomausstieg der Schweiz.

Es gibt Momente, da wird einem so richtig bewusst, dass man älter wird. Manchmal ist dies mit Erleichterung verbunden, etwa wenn die Kinder endlich durchschlafen. Es kann aber auch ganz schön frustrierend sein. Letzteres war bei mir eben der Fall, als ich mich zurückversetzt fühlte in den kantonalen Abstimmungskampf gegen ein neues AKW in Mühleberg. In den vergangenen Wochen wiederholten Politikerinnen und Politiker von SVP und FDP teils dieselben Sätze und Argumente wie anno 2011. Dieses Revival schockiert mich. Dass elf Jahre nach Fukushima wieder nach neuen AKW geschrien wird, statt endlich richtig und mit dem nötigen Tempo die erneuerbaren Energien auszubauen und die Energieeffizienz zu fördern, ist niederschmetternd. Nebst der Tatsache, dass sie noch gar nicht existieren, sind neue AKW vor allem ein Bremsklotz für die dringend nötige Umsetzung der Energiewende. Und ganz sicher kein Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Just in dieser Zeit hat sich unsere Tochter in der Schule zum ersten Mal mit Strom beschäftigt. Natürlich haben wir auch am Mittagstisch darüber diskutiert, woher Strom kommt und wie wir Strom sparen können. Fazit der Siebenjährigen: «Wissen die denn nicht, dass AKW gefährlich sind?» Und: «Warum gibt es nicht mehr Solardächer und Windräder?» Statt weiter Probleme zu bewirtschaften, müssen wir längst vorhandene Lösungen endlich umsetzen. Das sind wir unseren Kindern und Grosskindern schuldig. Nicht dass sie dereinst das Älterwerden beklagen mit dem Verweis auf das Revival der Ewiggestrigen anno 2022.

Nadine Masshardt

Nadine Masshardt

Präsidentin

Historikerin, Nationalrätin
Mitglied der nationalrätlichen Energiekommission UREK-N und der Staatspolitischen Kommission SPK-N
www.nadinemasshardt.ch



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